Stühle sind eine der allgegenwärtigsten Möbelstücke in unserem täglichen Leben. Sie dienen nicht nur als funktionale Sitzgelegenheit, sondern sind auch ein Ausdruck von Kunst und Design. Ich bin ja immer wieder aufs Neue hingerissen von der beinahe grenzenlosen Vielfalt an Stuhl-Designs und nach einem Besuch am Vitra Campus in Weil am Rhein, bei dem ich gaaaanz viele Stühle, aus den verschiedenen Zeiten und Stilepochen gesehen habe, frage ich mich immer wieder, was gutes Design bei einem Stuhl ausmacht. Was macht einen Stuhl zu einem Stuhl, der am liebsten von jedem oder jeder be"sessen" wird, oder anders: was macht einen Sessel gar zu einem zeitlosen Designklassiker?
Apropos Sessel: Im österreichischen Sprachgebrauch ist ja alles, was unter einem Stuhl verstanden wird, auch ein Sessel. Und manchmal ist ein Sessel auch niedriger als ein Stuhl - also im Englischen ein "Armchair" oder in Neudeutsch ein "Lounge Chair" - muss aber nicht. So wird vielleicht bei uns in Österreich für alle Nicht-Muttersprachler zwar die Verwirrung perfekt, aber auf das Design von Stühlen und/oder Sesseln hat das keinen, in irgendeine Richtung gearteten Einfluss.
Ein Stuhl erfüllt eine grundlegende Funktion: er soll mir eine bequeme Sitzgelegenheit bieten, je nach Einsatzgebiet für kürzeres oder längeres Verweilen auf ihm. So gibt es andere Anforderungen an das Design eines Schreibstischsessels, als an einen Küchenstühl. Während der Schreibtischstuhl heutzutage ergonomisches Arbeiten über Stunden ermöglichen soll und somit gepolstert, drehbar, höhenverstellbar, rollbar und vielleicht sogar kippbar "erdacht" und designt wird, kann ein einfacher Küchenstuhl zwar robust und langlebig in der Ausführung sein, aber braucht all diesen "Schnick-Schnack" an Funktionen vielleicht gar nicht zu erfüllen.
Auch in meiner Arbeit als Interior Designerin denke ich immer an den Verwendungszweck für eingeplante Stühle und Sessel. Als Beispiel: für das Wartezimmer in der Physio-Praxis habe ich gemütliche Lounge-Sessel für die sportlicheren PatientInnen ausgewählt, aber auch einen Polsterstuhl mit einer höheren Sitzhöhe für alle PatientInnen, die aufgrund von Hüft- oder Knieproblemen in die Praxis kommen.
Aber ganz egal, wo ein Stuhl zum Einsatz kommt, ist die große Kunst bei der Gestaltung eines Stuhls jene, das Zusammenspiel der grundlegenden Faktoren Höhe, Sitztiefe, Neigung der Rückenlehne und Materialauswahl zu meistern, um einen komfortablen Stuhl zu erschaffen.
